Gaby Hauptmann: Suche impotenten Mann fürs Leben (1995, 315 Seiten)
Nachdem das Erdwesen nun zwei Bücher lang in der höfischen Liebe hospitierte, versuchte sie es nun mal mit der Liebe im Jahr 1995. In den Genuss des Buches kam sie auf einem Scap-Gnoming-Event (Schrottwichteln) zu etwa Ostern (Corona).
Das Buch war ein Hit bei seiner Veröffentlichung und spielt wirklich in einer anderen Zeit. Herrje! Was war das Jahr 1995 für ein einfaches Jahr. Smartphones waren noch nicht erfunden und auch das Internet war noch nicht wirklich bekannt. Dafür gab es Annoncen in papiernen Tageszeitungen und eine davon gibt die spontane Carmen auf, die mit ihrem Freund Peter so überhaupt nicht mehr einverstanden ist, weil er ständig nur „das Eine“ will und sonst nichts.
In kürzester Zeit kann Carmen die ersten Antworten auf ihre Annonce, in der sie einen impotenten Mann mit Köpfchen sucht, in Empfang nehmen. Zusammen mit ihrer betagten Nachbarin Elvira wirft sie einen Blick auf die Männer, die sich auf den ungewöhnlichen Text melden und lernt in kurzer Folge ganz unterschiedliche Typen kennen, die nichts gemein haben, außer dass sie impotent sind.
Leider ist auch dies wieder eins dieser schrecklichen Clichée-Bücher der 90er. Carmen ist überaus attraktiv, ist aber zugleich eine ultimative Businessfrau mit eigenem Versicherungsbüro und einer Angestellten, die er vom Typ „graue Maus“ ist. Ihre Freundin Laura ist Lehrerin und macht gerade einen Trip nach Brasilien.
Die Ereignisse überschlagen sich und das Buch gibt der geneigten Leserin keine Sekunde Zeit zum nachdenken. Es ist in der Gegenwartsform geschrieben und weist jede Mange kurzer Sätze in schneller Folge auf. Und ganz genauso ist auch die Handlung der übervollen Geschichte. Geht es erst noch um einen Mann nach dem anderen, bekommen die Männer nach und nach eine Bedeutung.
Innerhalb von Stunden wähnt sich Carmen bereits als Motorradbraut und gleich darauf als Schlossherrin. Der Schlossherr allerdings ist, so kommt es durch eine Fotographie heraus, das Kind der ehemals besten Freundin von Elvira, die aus Deutsch Südwest Afrika stammt und hinter der bereits ein bewegtes Leben liegt. Ausgerechnet der reiche Schlossherr Stefan wird alsdann in eine Entführung verstrickt, während der Motorradfahrer Frederic zuvor bereits Elvira aus einer bedrohlichen Lage rettete.
Zeitgleich stellt Carmen sicher, dass sie auch garantiert keinen eingehenden Brief der impotenten Männer verpasst. Einige reicht sie gleich an eine weitere interessierte Dame weiter, die sich zu eben diesem Zweck auch auf ihre Annonce gemeldet hatte, doch dann trifft bei der Zeitung ein riesiges Paket ein. Es enthält ein als Kunstwerk verpacktes Rilke-Gedicht. Carmen schmilzt sofort dahin, während sie ein Date mit einem weiteren Kandidaten verpasst, verschiebt, was auch immer.
Das Gedicht wurde von Daniel in Szene gesetzt. Für die geneigte Leserin ist es nicht ersichtlich, warum dieser nun ausgerechnet der tatsächliche Favorit sein soll, denn zunächst einmal sind für Carmen alles Favoriten. Ihr Freund Peter meldet sich selbstredend zwischendurch auch noch mal, kann aber abgewimmelt werden. Als große Happenings werden in dem Buch zahrleiche italienische Menüs bestellt, immer auf gutem Porzellan zu Hause angerichtet und es wird noch mehr Champanger und Wein getrunken. Das Erdwesen wäre jedenfalls nur noch Hacke gewesen, aber hier haben wir es ja auch nicht mit dem Erdwesen sondern mit Super-Woman Carmen zu tun. Die verträgt das.
Sowohl der Motorradfahrer Frederic als auch der Rilke-Kenner David sind emsig bemüht um das Wohlergehen der Damen. Laura kehrt aus Brasilien zurück und ist sofort von dem jüngeren Frederic begeistert, während es Carmen nun endgültig auf David abgesehen hat, nachdem der Schlossherr (noch vor seiner Entführung) mehr als zudringlich geworden war. Elvira ist trotzdem völlig begeistert, dass sie das Kind ihrer alten Freundin aus Deutsch-Südwest wiedergefunden hat und kümmert sich um den Schlossherrn, der traumatisches erlebt haben muss und einer – inzwischen verstorbenen – Verwandschaft gegenüber steht, die vielleicht sogar einen Vater ermordeten, um den guten Ruf der Famlie zu wahren und vor allem die erquicklichen Geschäfte mit Diamanten nicht zu gefährden.
David schleppt die hippe Carmen mit einem geliehenen Wolfshund Kain über Stock und Stein und landet natürlich mit ihr im Bett. Doch irgendwas stimmt definitiv nicht mit ihm. Carmen mutmaßt, es liegt an seiner Impotenz. Er muss sich vielleicht schrecklich schämen, weicht jedenfalls jedes Mal zurück, wenn sie zudringlich wird. Das passt nicht in Carmens Weltbild, die schließlich schon – waren es drei? – Tage Entzug von ihrem Peter zu erleiden hat.
Was also tun? Ist David wirklich unwiederbringlich impotent? Das kann und darf nicht sein!
Carmen und Laura setzen alle Hebel in Bewegung, um ihm wieder auf die Srünge zu helfen. Carmen sucht eine Psychotherapeutin auf (war das am vierten Tag, nachdem sie David kennen gelernt hat?). Die Psychotherapeutin kennt sich mit allen hilfreichen Mittelchen aus, die sicherstellen, dass alle Herren der Schöpfung doch noch können, jedoch soll David zu ihr kommen, wenn seine Störung doch psychischer Natur ist.
Dann wird es noch skuriler als es die ganze Zeit schon war. Laura findet die Anzeige einer Weisen Frau, die den vollumfänglichen Überblick über alle Potenzmittel der Welt zu haben scheint. Carmen lässt bei ihr an einem einzigen Nachmittag 500 DM zurück und greift nun erstmals im Buch selbst zu Kochtopf und Löffel. Mit Kresse-Suppe (ein Rezept der grauen Maus, ihrer Angestellten), Spargel an Sauce Hollondaise und einer Zimt-Eis-Nachspeise mit einer unvergleichen Soße aus allerlei anregenden Gewürzen, wagt sie sich an David heran. Er ißt alles brav aus und gerät komplett aus dem Häuschen, genau wie sie. Es gibt noch eine kurze Verwirrung zum Beinwell und Mannstreu, welches eventuell doch in der Suppe statt einfach nur unter Kopfkissen und Bett gelandet ist, aber da stürzt David auch schon vom Schlafzimmer auf die Toilette und kommt käsebleich wieder heraus. Ganz kurz plagen die übereifrige Carmen Gewissensbisse ob ihrer Kochkünste. Aber wirklich nur ganz kurz!
Da David trotz der ganzen, überaus teuren Aktion immer noch keine Anzeichen von Potenz zeigt, gehen Carmen und Laura in die nächste Phase. Er wird ohne es zu wissen zur Psychologin geschleppt. Offiziell ist es ausgerechnet Lauras Psychotherapeutin, die ein Kind von ihrem Ex erwartet, während der impotente Frederic sich schon mit der kommenden Vaterschaft arrangiert hat.
Doch owei! Es ist alles anders als man denkt. Ich denke, mittlerweile haben das Buch schon alle Interssierten (w) gelesen, so dass ich auch noch den Schluss erzählen kann. Es war nicht wirklich zu erwarten, dass wir in diesem Buch noch erleben, wie auch ein Mann mit Impotenz eine glückliche Beziehung führen kann.
Die Psychologin entpuppt sich als Schwester der Ex von David. Die zählt eins und ein zusammen, denn ihre Schwester hat David vor zwei Jahren verlassen, weil er ihr ein wenig zu potent war. Carmen versteht erstmal gar nichts, aber in Windeseile kommt heraus, dass David Carmen bei ihrem ersten Date mit einem Impotenten unfreiwillig belauscht hatte und sie daraufhin als schmackhafte Beute auserchoren hatte. Und wenn er den Impotenten geben musste, um die Beute zu erlegen, schien ihm das ein probates Mittel. So kommt dann doch noch ad hoc zusammen, was zusammen gehört und wenn sie nicht fremd gegangen sind, sind sie auch heute noch ein sehr aktives Paar.
Oh Du lieber Himmel! – Wie abartig ich diese Bücher aus meiner imaginären Reihe „Frau in der Gesellschaft“ finde. Und das Buch ist auch noch bei Piper verlegt worden. – Zumindest war es damals der ultimative Bestseller und das Erdwesen hat es ja nun auch gelesen. Nun aber schnell zurück in den Bücherschrank.
Mal sehen, was das Erdwesen noch alles im Regel stehen hat.