Robert A. Heinlein: Die Tür in den Sommer (1957, 249 Seiten)
Robert A. Heinlein muss zwangsläufig jemand mit einem tief sitzenden Katzenfaible sein! Wie sonst käme die Hauptfigur Dan Davis auf die Idee insbesondere deshalb Rache an seiner Ex und seinem Ex-Freund zu nehmen, nur weil seine geliebte Katze nicht mit an Bord ist, als beide ihn ungefragt in den 30 jährigen langen Schlaf versetzen, während sie ihm seine Erfindungen klauen, um damit das große Geld zu machen?
Die kurzweilige Zeitparadox-SciFi-Geschichte ist trotz aller natürlicherweise vorliegenden Hindernisse sehr logisch aufgebaut und so schafft es der geniale Erfinder Davis, der aus bereits existierenden Entwicklungen Haushaltsroboter aller Art zusammen bastelt und ihnen so etwas mit KI mit auf den Weg zu geben, tatsächlich, die Tochter seines Ex-Freundes doch noch zu ehelichen, obowhl dafür der Altersunterschied eigentlich etwas zu hoch war – jedenfalls vor den Phasen des langen Schlafes und der ungewöhnlichen Rückkehr in die Vergangenheit.
Heinlein, der das Buch 1957 verfasste, entwickelt zuerst eine Version des Jahres 1970, in dem die Hauptakteure zu Hause sind. Sodann lernt der Erfinder Davis das Jahr 2000 kennen und ist ernsthaft schockiert, über das was er vorfindet, bevor er erkennt, um wieviel besser es ihm in dieser Zeit geht. Soviel sei gesagt: Erkältungskrankheiten wurden im Jahr 2000 endgültig ausgerottet! (Und das habe ich in SciFi-Geschichten immer und immer wieder gelesen!) – Schön wär’s.
Es gibt tatsächlich Science Fiction, die irgendwann einfach zu alt ist, um noch gelesen zu werden und auch bei diesem Buch ist schon fast der Ablaufzeitpunkt erreicht. Aus Sicht des Autors beschreibt er eine Zukunft, die er selbst (vielleicht) noch erleben wird. Aus Sicht der Leserin ist es eine Zukunftsbeschreibung, die ihre eigene Vergangenheit darstellt. Und dazu auch noch das Zeitparadoxon, um das sich alles dreht! Das ist dann ganz schön vertrackt, denn auf bitte welchen Aspekt soll man sich unter diesen Voraussetzungen beim Lesen konzentrieren?
Gut ist, dass sich das Buch in erster Linie mit dem Sozialverhalten von Menschen befasst, welches nur in einigen Fällen wirklich als „sozial“ bezeichnet werden kann, stehen doch oft Macht und Gier im Vordergrund und verhindern ein menschliches Miteinander. Kurios ist in diesem Zusammenhang, dass der Protagonist Davis selbst über kein besonders ausgeprägtes Sozialverhalten verfügt und eher den stillen Streiter für ausgefeilte Technik gibt, wäre da nicht die einzigartige Beziehung zwischen Mensch und Katze, die sich vermutlich auch in 100 Jahren nicht ändern wird, weil Katzen sehr stabile Persönlichkeiten sind. Corona hin oder her!
Problematischer ist im Buch die allgemeine Sicht auf die Welt. Während 1970 noch recht gelungen dargestellt wird, was man als Leserin jedoch kaum zu würdigen mag, denn wer mag zu sagen, welche Leistung es war, sich 1957 1970 vorzustellen, so gibt es mit dem Jahr 2000 einen herben Kulturschock. Die Weiterentwicklung von Computern auf Basis von Chips zum Rechnen oder Speichern von Sachverhalten war für den Autor nur bedingt absehbar. Bei ihm wird alle Elektronik weiter durch Röhren realisiert, die natürlich ein viel geringeres Leistungsvermögen besitzen. Nur die Erfindung von Saug- und Wischrobotern hat er korrekt vorhergesehen, wenngleich anzunehmen ist, dass er nicht die kleinen schnittigen tellerartigen Flitzer im Visier hatte, die es heute im Baumarkt gibt, sondern ein etwas näher am Menschen orientiertes Modell.
Robert A. Heinlein ist zu Recht immer noch ein Aushängeschild der Science Fiction. Aber das Erdwesen denkt nicht, dass man dieses Buch in einigen Jahren überhaupt noch wird lesen können. Als romantische Geschichte birgt es zu wenig Romantik. Als Techno-Krimi ist es in Teilen zu amüsant und als als Zukunftsvision ist es nicht mehr brauchbar, da Heinleins Zukunft bereits unsere Vergangenheit ist. Vielleicht ist und bleibt es etwas für Katzenfans?