Marina Fiorato: Die Glasbläserin von Murano (2007, 320 Seiten)
Das war wieder ein richtig gutes Buch, welches das Erdwesen im Bücherschrank hatte ausfindig machen können. Da es auch in Venedig spielt, passt es gut zu dem davor gelesenen.
Die Autorin, selbst Venezianerin, erzählt ihre Geschichte in zwei Zeitsträngen. Die eine handelt vom ihren Glas blasenden Vorfahren Corradino Manin, die andere von ihrem eigenen Leben als angehende Glasbläserin. Das Buch liest sich sehr lebendig und man erfährt viele Dinge über die Eigenheiten Venedigs und das Glasblasen als das Staatsgeheimnis, auf dem sich auch ein Teil des Wohlstandes der alten Seefahrernation begründete. Man bekommt einen Eindruck davon, wie wertvoll die alten Spiegel sind, die noch existieren, denn viele Glasbläser erlitten bei der Herstellung Quecksilbervergiftungen und so spielt auch diese im Buch eine entscheidende Rolle. Venedig scheint zudem eine Stadt zu sein, die niemals wirklich altert, denn noch heute finden sich viele Gebäude, die es auch schon vor sehr langer Zeit gab. Die Venezianer kennen ihre Familientraditionen und viele der Ahnen sind weiterhin in ihren Geschichten lebendig, ganz so wie der Vorfahr auch bei Nora (Leonora) Manin es immer noch ist.
Das Buch ist sehr intelligent aufgebaut ohne dabei schematisch zu wirken. Man springt mitten in eine Geschichte, deren Inhalt man gar nicht recht erfassen kann. Erst wenn man alles erfahren hat, begreift man ihre wahre Bedeutung. Es ist das erste Mal, dass das Erdwesen ein ganzes Kapitel zweimal innerhalb nur eines Buches liest und es fast gar nicht mitgekommen hätte. Es ist wirklich Wort für Wort gleich und doch begreift man erst zum Schluss, was dort erzählt wird.
Auch in diesem Venedig-Roman spielt ein Commissario eine wichtige Rolle, denn er kombiniert richtig als die Hauptdarstellerin bereits alles erforscht hat, kurz vor der Aufgabe steht und findet das passende Puzzleteil, um die Geschichte des berühmten Vorfahren doch noch in das rechte Licht zu rücken.
Wer das Buch in die Finger bekommt, sollte zuerst Venedig besuchen und dann das Buch lesen. Lesenswert ist es in jedem Fall für alle, die sich an den Kunstwerken aus Murano erfreuen, auch wenn sie heute, im Zeitalter der überall verfügbaren Massenware nicht mehr den Stellenwert haben, der ihnen eigentlich immer noch zukommen sollte. Käme das Erdwesen heute noch einmal nach Versailles, so könnte es den dortigen Spiegelsaal bestimmt sehr viel besser würdigen, denn schließlich stammt zumindest einer der 21-teiligen Spiegel von Leonoras Urahn, dem er letztlich das Leben gekostet hat!