Ulrike Schweikert: Die Tochter des Salzsieders (2000, 457 Seiten)
Ulrike Schweikert: Die Herrin der Burg (2003, 540 Seiten)
Im Bücherschrank war das Erdwesen auf ein gleich zweifach vorrätiges Doppelbuch gestoßen. Also nahm sie eines davon mit und begann mit dem Lesen. Drei Tage lang dauerte es, bis die annähernd 1000 Seiten verschlungen waren. Die Doppelbuch-Ausgabe ist vom Weltbild-Verlag und wenn es hier etwas zu meckern gibt, dann einfach das, dass ein Buch mit 1000 Seiten einfach zu dick ist, um es mitzuschleppen und zu lesen!
Urlike Schweikert hat recherchiert und daraus zwei Romane erschaffen, die die Historie von Schwäbisch Hall und im zweiten Buch die Burg der Zollern wieder zum Leben erweckt.
Bei der Tochter des Salzsieders bewegt sich die Leserin durch die Stadt um 1510 und lernt dabei allerhand über das Siederhandwerk. Ja, damals waren die Dinge womöglich schon kompliziert, aber immerhin noch nachvollziehbar. Die Tochter des Salzsieders Anne Katharina kommt durch immer mehr seltsame Vorkommnisse ganz langsam hinter ein riesiges Mordkomplott. Dabei wird eine peinliche Befragung bis zum Ersäufen der Hexe im Kocher an der Henkersbrücke grauenhaft geschildert. Auch an Ratten mangelt es nicht. Für das Erdwesen war besonders interessant, dass hier auch ein ganz besonderer Kerker beschrieben wird, den das Erdwesen bereits selbst einmal „besichtigt“ hat. Aber zum Glück nur von ganz oben, nämlich vom Angstloch aus. Die Autorin lässt jedoch nicht so viel Gnade walten und beschreibt auch das, was sich unten abspielt recht genau. Anne Katharina ist immer mehr auf sich selbst gestellt. Die Ränke, die gesponnen werden umfassen ihre komplette Familie. Ihr großes Vorbild ist ihr blinder Großvater im Spital, aber auch ein Mann aus dem Kloster hält – aus ungeklärter Ursache – zu ihr. Wie schlimm wird es für Anne Katharina werden?
Die Herrin der Burg führt die Leserin noch weiter zurück in die Vergangenheit, denn die Kulisse bildet diesmal sogar das 13. Jahrhundert. Hier wird die Stellung der Edelleute und die Stellung der Unfreien in den Mittelpunkt gerückt. Es handelt sich mehr um eine Famliengeschichte der damaligen Zeit, weniger um ein Kriminalstück wie die „Tochter des Salzsieders“.
Die Jungfrau Tilda von Wehrstein wird von ihrem Vater, der ein zu kleines Rittergut besitzt, zur Burg Zollern geschickt und gerät teils aufgrund ihrer Eigenständigkeit, aber auch aufgrund ihrer Herkunft immer mehr zwischen die Fronten. Die Autorin widmet sich der Stellung der adeligen Söhne und Töchter und dem Untergang des einst edlen Rittertums (Verarmung des Adels).
Alles in allem ist das Buch nicht ganz so gelungen wie die „Tochter des Salzsieders“. Die Ränkespiele zwischen den Zollern und den Hohenbergern sind recht unübersichtlich, aber das mag daran liegen, dass das Erdwesen sich bisher auch noch nie für diesen Teil Deutschlands interessiert hat und auch die Geschichte in keiner Weise kennt. Das Buch gewährt Einblicke in das klösterliche Leben und macht deutlich, aus welchen Gründen viele Frauen im Kloster Schutz suchten. Ein wenig fad bleibt die Hauptdarstellerin Tilda, aber dies mag dem Umstand geschuldet sein, dass Ulrike Schweikert wirklich bemüht ist, die Zeit so autentisch wie möglich zu beschreiben und die Figuren dieser Zeit zum Leben zu erwecken. So wird Tildas Halbschwester, die Unfreie Gret in Teilen eindrucksvoller beschrieben als Tilda. Auch die Darstellung von Tilda gelingt in Teilen gut. Vielleicht ist es aber auch einfach etwas zu viel verlangt, zwei starke Frauen in ihren unterschiedlichen Welten gleich gut in Szene zu setzen. Zumal es auch noch die Tochter Williburgis des Zollern-Grafen gibt!
Mit dem Blick unserer heutigen Zeit ist es schwer vorstellbar, wie sich damals die Dinge abgespielt haben (könnten). Unser Verständnis heute ist so grund verschieden, dass man deswegen immer wieder auf „chrakterliche Schwächen“ der dargestellten Personen stößt. Und das Buch ist wirklich reich an eindrucksvollen Personen! Erdwesens Eindruck ist, dass die Autorin sich damit schreibtechnisch einfach zu viel vorgenommen hatte. Um diese ganzen interessanten Menschen richtig in Szene zu setzen, hätte es vermutlich der dreifachen Seitenanzahl bedurft, ohne dass einem das Lesen dadurch langweilig geworden wäre.
Es sind zwei gute Bücher. Die Autorin glänzt durch die erstklassige Recherche und fügt jedem Buch auch noch ein Literaturverzeichnis sowie eine Karte, ein Personenverzeichhnis und ein Glossar mit Fachbegriffen bei. Das ist weit mehr als man üblicherweise bei einem „historischen Roman“ bekommt und so sollte man diese Bücher auch lesen. Besonders die „Tochter des Salzsieders“ beinhaltet aber auch alles, was ein guter Kriminalroman braucht. Erschreckend zu sehen, wie das Erdwesen auch hier wieder die entscheidenden Hinweise zwar fragend zur Kenntnis genommen hat, aber ihre Bedeutung nicht erfasste!! Macht aber nichts. Es ist im jeden Falle lesenswert für alle, die sich schon immer für das Salzsiederhandwerkt begeistern konnten :-)