Das war ein Bücherschrank-Fund, der sehr, sehr lange in den Erdwesenschen Regalen schlummerte und der leider zwischendurch auch noch Opfer eine Rückräumaktion à la „Will-ich-das-wirklich-noch-lesen?“ wurde.
Jean M. Auel:
1. Band: Ayla und der Clan des Bären (1980)
2. Band: Das Tal der Pferde (1982, 592 Seiten)
3. Band: Mammutjäger (1985, 790 Seiten)
Der an sich dreibändigen Reihe wurde zum Verhängnis, dass sie erstens nicht als Reihe gekennzeichnet ist und zweitens das Layout der Bücher stark an Kinderbücher erinnert. Und da das Erdwesen abgesehen davon auch nicht besonders an Bären interessiert ist, kam der erste Band nach einem Ansehen des Covers und der Coverbeschreibung ungelesen zurück in den Bücherschrank. Zwei eiszeitliche Geschichten zum Wählen sollten schließlich reichen!
Das „Tal der Pferde“ war untertitelt mit „Ein Roman aus dem Morgenrot des Menschen“. Herrje! Was mochte das für ein Buch sein? Darauf eine Frau mit einer Art Stein-Wurfgeschoss, außerdem schlecht gezeichnet. Aber „Mammutjäger“ sah noch schlimmer aus und war dazu nochmal satte 200 Seiten dicker! – Also nahm das Erdwesen das „Tal der Pferde“ zur Hand, um kurz nachzusehen, was es damit auf sich haben könnte, bevor dieses lang im heimatlichen Regal gehegte Exemplar ebenfalls ungelesen seinen Weg zum Bücherschrank zurückfinden konnte. Sicherlich war da keine umfangreiche Feststellung zu treffen und eine Entscheidung könne binnen einer Viertelstunde fallen!
Zur Sicherheit begab sich das Erdwesen dennoch in die übliche Leseposition und verblieb dort – für Stunden!
Was für ein Buch? Was für eine Autorin? Und vor allem: Was für ein Thema?
Steinzeitmenschen? Was gibt es langweiligeres als Steinzeitmenschen, die zu dumm waren, gleich Smartphones zu entwickeln und außerdem ständig frieren mussten, weil sie Probleme hatten Feuer zu machen und echte Häuser zu bauen? Und Neanderthaler? Das ist zwar an sich ein interessanteres Thema, weil das Neandertal ja schließlich in Westfalen liegt und irgendwann in ihrer Kindheit mag das Erdwesen auch schon einmal dort gewesen sein, aber an sich waren das doch nur – hm – die direkten Nachfahren von Affen?
Tatsächlich ist gerade in den letzten Jahren sehr viel über die Frühzeit der Menschheit in Erfahrung gebracht worden und mehr und mehr wird auch in den berühmten History-Sendungen medial nach allen Regeln der Kunst aufbereitet. Man denke nur an die Produktion von Steinwerkzeug, die einige Individuen auf Erden sich wieder angeeignet haben und es ist auch sehr wahrscheinlich, dass als Europäerin, auch das Erdwesen mindestens 2% DNA direkt von ihren Neanderthaler-Vorfahren besitzt. Dazu die altertümliche Blutgruppe und es wird klar, dass im Erdwesen noch ziemlich viel „Urviech“ zu finden ist. Aber diese Romane stammten aus den 80ern. Da waren all diese Dinge noch nicht bekannt.
Jean M. Auel, eine Amerikanerin, entführt ihre Leserschaft in eine Welt mitten in der Eiszeit vor zig tausenden von Jahren. Und das tut sie mit einer Akribie, die ihres gleichen erst noch finden muss. Unfassbar, wie die Autorin aus wissenschaftlichen Berichten zur Entdeckung der Neanderthaler und von eiszeitlichen Artefakten wie Tierskeletten, Siedlungsresten und Menschenfunden eine faszinierende Geschichte von Menschen entwickelt, die sich nicht sonderlich von uns unterscheiden, außer, dass sie wissen wie wichtig eine intakte Umwelt ökologisch und gesellschaftlich für sie ist. Natürlich spielen die typischen Themen der 80er Jahre wie Gesellschaftskritik, Kriege, Naturkatastrophen und Ökologie mit hinein, aber das ist so geschickt gemacht, dass es nur in wenigen Fällen tatsächlich beim Lesen überhaupt bemerkbar ist.
Das Erdwesen begab sich deshalb auf die kritische Suche nach Indizien für diesen Sachverhalt und wurde dann auch immer wieder fündig. Nur tut dies der Geschichte keinen Abbruch. Die führt uns nur klar vor Augen, was heute auch die Wissenschaft mehr und mehr belegen kann: Dass nämlich die Urmenschen genauso waren wie wir. Nur haben sie eben bereits vor 30 oder 40000 Jahren gelebt und ihre Anzahl war äußerst gering. Tatsächlich leben heute mehr Menschen gleichzeitig auf der Erde als vermutlich zuvor in ihrer gesamten Geschichte zusammengerechnet auf ihr gelebt haben. – Wir sind heute einfach zu viele. Das ist das Hauptproblem dieses Planeten und um die Massen zu steuern sind wir ohne technische Hilfsmittel, die zugleich den Planeten auch veröden lassen, nicht mehr lebensfähig.
Im vom Erdwesen ungelesenen ersten Band geht es um Aylas Geschichte, wie sie aufgrund eines Erdbebens ihre Eltern verliert und von einem Höhlen-Löwen angegriffen wird, diesen Angriff aber überlebt, da sie von einem „Clan“ gerettet und adoptiert wird. Zwar wird der Begriff kein einziges Mal erwähnt (kein Wunder! Die Entdeckungen im Neandertal geschahen ja erst im 19. Jahrhundert), aber die Beschreibung der nicht sprechen könnenden Flachschädel, die sich mittels Gesten statt Worten äußerst beredt verständigen, werden exakt so beschrieben, wie es das Erdwesen in der Schule gelernt hat.
Eine phantastische Idee steuert die Autorin bei, denn Clan-Angehörige werden bereits mit einem Grundschatz an Wissen geboren. Offensichtlich ist es so, dass erworbenes Alltagswissen genetisch an die folgende Generation weitergeben wird. Heute weiss man, dass dies tatsächlich möglich ist. Im Buch führt es dazu, dass es einen großen Unterschied zwischen Clan-Angehörigen und Anderen (das sind Menschen wie wir) gibt. Während Menschen gern beobachten, interagieren und experimentieren, um quasi jeden Tag zu neuen Erkenntnissen zu gelangen, haben die Clan-Angehörigen damit Probleme. Ihre Welt entwickelt sich letztlich langsamer und in der Realität mag es sein, dass dies einer der Gründe ist, warum der moderne Mensch letztlich den Neanderthaler ins Hintertreffen geraten lies.
In der Geschichte („Tal der Pferde“) zeigt die Autorin, wie Ayla, die letztlich nur den Flachschädel-Clan kennt, plötzlich auf sich allein gestellt, erkennt, wie „anders“ sie ist. Ayla geht allein auf die Jagd, zeigt Mitgefühl mit den sie umgebenden Kreaturen und musste in ihren wirklich jungen Jahren hart arbeiten, um das medizinische Wissen des Clans, welches dort, sofern überhaupt benötigt, als genetisches Wissen gefestigt vorliegt („wiedererinnert werden kann“), von ihr aktiv zu erlernen war. Sie wurde trotz ihrer Andersartigkeit vom Clan als Heilerin herangezogen, was ihr nun von großem Nutzen ist. Weiss sie mit ihren 17 Jahren doch all die Dinge, die sie umgeben erfolgreich einzusetzen oder aber auszuprobieren. Ihr größtes Problem ist, dass sie vom Clan verstoßen wurde (dort als „tot“ gilt), aber noch niemals zuvor die „Anderen“, die sie aufsuchen möchte, zu Gesicht bekommen hat und auch ihre Verhaltensweisen nicht kennt.
Nachdem sie lange Zeit im Tal, wo sie Jagd auf Pferde macht, um Fleisch zu erhalten allein lebt, wird sie sich immer unsicherer, ob sie überhaupt noch nach den „Anderen“ suchen will. Denn in einem durch Ihre Jagd verwaisten Fohlen, welches zur Stute heranwächst und später einem kleinen ebenfalls verwaisten Löwenjungen hat sie echte Freunde fürs Leben gefunden. Sie flicht unterschiedliche Behältnisse mit allerhand Gräsern, macht Fleisch haltbar, sammelt Körner und Beeren und gerbt Leder. Durch einen Zufall findet sie in der neuen Umgebung sogar eine einfachere Möglichkeit Feuer zu machen.
Zeitgleich zieht irgendwo vom Fuße der Donau-Alpen ein Bruderpaar los, um die Welt zu erkunden. Genau genommen, will nur einer die Welt erkunden. Sein älterer Bruder Jondalar ist mehr damit beschäftigt, einer angedachten Heirat zu entfliehen. Vom Prinzip her weiss er zwar selbst nicht so genau warum (natürlich wird das im Buch aufgeklärt!), aber letztlich hält er es für einfacher, eine Reise mit seinem Bruder zu machen als zum geplanten Sommertreffen mit den übrigen Lagern der Zelandonii zu gehen und dort seine angedachte Frau wiederzutreffen, denn: Es gibt ja auch noch jede Menge anderer Frauen, mit denen er theoretisch ein Herdfeuer gründen könnte, wobei er sich auch da nicht unbedingt auf genau eine festlegen müsste, wenn er dies nicht wollte. Er ist ein guter Handwerker (Feuersteinschläger) und Liebhaber und demzufolge um Avancen nicht verlegen, was er auch stets unter Beifall der ihn umgebenden Gesellschaft auszukosten versteht, aber trotzdem scheint er nicht genau die richtige zu finden, was wiederum die Gesellschaft an ihm zweifeln lässt.
Die beiden müssen weit, weit in den Osten, den Fluss der Großen Mutter entlang laufen, um letztlich über diverse Stationen zum Tal der Pferde zu gelangen und all dies ist wahrlich nicht ungefährlich. Während dieser Reise lernt die geneigte Leserin die Gewohnheiten der damaligen Welt kennen. Wie baut man Boote? Wie fertigt man Werkzeuge aus Feuerstein? Wie funktioniert eine Gesellschaft mit insgesamt sehr wenigen Mitgliedern, wo quasi jeder mit jedem verwandt ist und die doch Großes vollbringen muss, um zu überleben? Und vor allem: Welchen Argwohn gibt es auf beiden Seiten gegenüber der jeweils anderen Rasse („Flachschädel“ und „Andere“)? Zudem gibt es auch noch eine Hochzeitszeremonie und auch Ayla hat einen Sohn „gemischter Geister“.
Das erste Zusammentreffen zwischen Jondalar und Ayla ist dann ein Clash of Culture der ganz besonderen Art und es dauert eine Zeit bis Ayla tatsächlich „weiss“, dass sie einen der „Anderen“ vor sich hat. Wie kommunizieren zwei „Rassen“ miteinander, wenn die eine spricht und die anderen mit Gesten kommunziert? Dennoch ist auch Ayla eine der „Anderen“ und des Sprechens und Lernens mächtig. Gerade das Thema „Rasse“ ist in unserer Zeit mit „Black lives matter“ topaktuell. Es ist zwar schwachsinnig, sich deswegen in Zeiten von Corona auf riesige Demos zu begeben, aber schon hier erfahren wir, dass das mit den „Rassen“ wirklich Blödsinn ist. Und peinlich genug: Auch das Erdwesen hat erst vor ein paar Wochen „erfahren“, dass die Ansicht, dass die Menschheit sich in Europide, Nigride und was weiss ich noch gliedert tatsächlich fachlich völlig falsch ist, denn tatsächlich ist die Hautfarbe in etwa gleichzusetzen mit abstehenden oder anliegenden Ohren und das gleiche gilt für „Schlitzaugen“, die ja vom Prinzip her sogar größer sind als die von typischen Europäerinnen. Tja. Die Schule war eben auch nicht perfekt. Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich diese Begriffe wirklich lange lernen musste und sie dann im Erdkundetest sogar abgefragt und benotet wurden. Und nun: alles umsonst gelernt und ganz zu Recht inzwischen wieder vergessen.
Die „Mammutjäger“ beginnen dann exakt dort, wo der zweite Band aufgehört hat. Und dennoch bildet der zweite Band auch ein in sich geschlossenes Ganzes, welches keiner weiteren Ergänzung mehr bedurft hätte, denn er ergibt in sich ein perfektes Buch. So gibt es im „Mammutjäger“ immer auch wieder Dopplungen, die aber bei der Länge des gesamten Werkes zu verschmerzen sind, denn die Autorin widmet sich hier Themen wie die Domestizierung von Wölfen, rituelle Feste, Zusammenleben in Gemeinschaft (hier haben also die Kommunen der 60er ihren wahren Urprung!!), Initialisierungsrieten, Siedlungsbau, Musizieren und abermals dem Thema Feuersteinwerkzeug und Weiterentwicklung bereits bekannter Techniken ganz im Allgemeinen. Tatsächlich spielt das Thema Jagd in „Mammutjäger“ eine geringere Rolle als in „Tal der Pferde“, wo es vornehmlich erst ganz zum Ende des Buches hin wieder aufgenommen wird.
Jondalar und Ayla treffen nun zusammen auf eine ihnen bisher unbekannte Kultur der Mamutoi und so ist das Buch auch geprägt von Gegensätzen und Misverständnissen. Sehr gut aufbereitet wird auch das Thema Wanderungen und so treffen nun auch unterschiedlich aussehende „Andere“ aufeinander, was an Ranec, dem talentierten Bildschnitzer festgemacht ist, der um Aylas Hand anhält und der einzige Dunkelhäutige in dieser nördlichen Region ist. Zuletzt betritt noch ein weiterer Konkurrent mit Namen Vincavec, seinerseits geistiges Oberhaupt seines Lagers und von einer nicht von der Hand zu weisenden Intelligenz, aber auch Geltungssucht getrieben, die Bühne. Aber wenn zwei sich schon streiten, dann gibt es natürlich auch einen lachenden Dritten.
Während „Tal der Pferde“ trotz all der ausführlichen Beschreibungen von Landschaft und Kultur flott voran schreitet, ist „Mammutjäger“ ein wenig zäher, was die tatsächlichen Vorgänge im Buch angeht. Das ständige Hin- und Her zwischen Jondalar, Ranec und Ayla wirkt zuweilen doch recht mühselig und konstruiert. Schön wäre es gewesen, die Autorin hätte Vicavec mit seiner ganzen schillernden Persönlichkeit und dem Mammut-Lager einfach etwas früher eingeführt. Die Leistung jedoch, gleich 5 Herdfeuer, die gemeinsam in einem Langhaus leben und zum Löwen-Lager gehören (insgesamt ca. 27 Personen), gleichermaßen detailliert darzustellen, ist zugleich eine schier unglaubliche Mammutaufgabe. Einfach um an dieser Stelle mal im Jagon zu bleiben! Allein die Darstellung der sozialen Unterschiede in der jagenden, steinzeitlichen Gesellschaft derart auszuarbeiten ist lesenswert und als Leserin ist man sich tatsächlich fast sicher: Genau so! Genau so, wird es damals gewesen sein!
Nun hat das Erdwesen noch ein wenig recherchiert und siehe da: Aus dem ehemals drei Bände umfassenden „Erdenkinder-Zyklus“ ist bereits eine Reihe von sechs Büchern erwachsen.
Weiter geht es mit:
- The Plains of Passage (1990, Ayla und das Tal der Großen Muter)
- The Shelters of Stone (2002, Ayla un der Stein des Feuers)
- The Land of Painted Caves (2011, Ayla und das Lied der Höhlen)
Also ist man zumindest bei den deutschen Übersetzungen jetzt (ab der Ausgabe 2002), nachdem die Reihe offenbar millionenfach verkauft worden ist, dazu übergegangen, „Ayla“ auch in den Titeln zu benennen.
Ob das Erdwesen wirklich noch ein paar Tausend Seiten über diese zig tausend Jahre alte Kultur lesen könnte? Da ist es sich noch nicht sicher. Manchmal kann es nämlich auch zu viel sein, wie beispielsweise Bernhard Hennens Elfenwelt, in der ab irgendeinem Zeitpunkt nur noch geschrieben wird, um damit mehr Geld zu verdienen und eine mehr als magere Story das Licht der Welt erblickt.
Zwar hatte das Erdwesen schon vorher einen recht guten Überblick über die steinzeitlichen Aktivitäten des Menschen, aber in diesem Buch kann man wirklich etwas lernen. Die Autorin hat offenbar keine Mühen gescheut, sich intensiv in die Materie einzuarbeiten. Was zugleich bedeutet, dass sie damals den Kontakt mit Wissenschaftlern gesucht hat, die damals schon ungefähr vermuteten, was heute in den gängigen Medien nachzulesen ist. Die für das Erdwesen erstaunlichste Erkenntnis war, dass in der Eiszeit bereits Musikinstrumente existierten, die vornehmlich aus Mammutknochen bestanden (Flöten und Schlaginstrumente). Das allein schon ist so interessant, dass es lohnenswert sein könnte, sich damit weiter auseinanderzusetzen.
Vom Prinzip her ist der einzige echte Kritikpunkt, dass das Buch ein „Zeitproblem“ hat. Dies mag aus der umfassenden Darstellung der Epoche liegen. Denn die durch die Leserin empfundene Zeit entspricht in vielen Fällen nicht derjenigen Zeit die die Romanfiguren erleben. Wirft man dann noch einen Blick auf die beigefügte Karte, gerät das dargestellte Weltbild komplett ins Wanken, denn die Distanzen, die die Figuren in der Realität zurücklegen müssen, sind riesig. Ganz besonders, wenn man davon ausgeht, dass die Fortbewegung wirklich ausschließlich zu Fuß erfolgte. Ich denke, dass auch die Autorin wenig Expertise im Wandern (also Fortbewegen auf den eigenen zwei Beinen) hat und selbst die Distanzen nicht korrekt einschätzen kann. Da müsste man dann vielleicht mal einen Joey Kelly befragen, der sich einen Namen als Extremsportler gemacht hat. Dieser Typus von heutigem Menschen dürfte der einzige sei, der zuverlässig einschätzen kann, zu welchen Distanzüberwindungen unsere Vorfahren tatsächlich in welcher Zeit in der Lage waren. Im Internet hat das Erdwesen die Aussage gefunden, dass während der dargestellten Zeitepoche nach „neusten wissenschaftlichen Berechnungen“ nur an die 3300 Individuen in West- / Zentraleuropa in kleinen Verbänden gelebt haben. In diesem Roman geht aber die Reise von Gibraltar bis zum schwarzen Meer und von dort bis weit in den Norden an den Rand der Gletscher. Das dürfte die Distanzen, die in der Realität zurückgelegt wurden (regelmäßig 200 km, bis zu 400 km) dann doch weit überschreiten. Hier ist die Autorin aber zugleich auch in eine Zwickmühle gekommen, denn sie bezieht sich auf Fakten, die ja nun einmal nach so dermaßen langer Zeit nur noch in Einzelfällen anzutreffen sind. Grundsätzlich ist jedoch davon auszugehen, dass es wirklich eine ganze Reihe von Menschen gab, die wirklich so weitere Wanderungen unternahmen, um neue Gebiete zu erschließen.
Und dann hätten wir da noch den Punkt, der ebenfalls in sämtlichen Darstellungen immer hinkt und das ist die Sache mit dem Höhenprofil, also dem Verhältnis Landmasse/Meer. Erstellte man zunächst ein korrektes 3D-Modell, um so eine exakte Karte der damaligen Epoche zu haben und bezöge man die tatsächlichen Fundorte dann auf diese exakte Karte – ich denke, da würden noch ganz andere Dinge ans Tageslicht kommen. Bisher hat das meines Wissens aber noch nie jemand gemacht. Statt dessen geht man davon aus, dass sich die Landmasse vom Prinzip her kaum verändert hat. Nur auf diverse Landbrücken, die heute von Meer überspült sind, wird hier und da eingegangen, weil sonst das Vorkommen von diesen oder jenen Artefakten, Pflanzen oder Tieren schlicht nicht erklärbar ist. Gedanklich ist dies für uns Menschen auch eine schwierige Sache, denn für uns ist es nicht möglich, mehr als etwa unsere eineinhalbfache tatsächliche Lebenserwartung korrekt einzuordnen. Geht es wie hier um zehntausende von Jahren vor unserer Zeit, dann vermischen sich die Milliarden von Gondwana doch recht schnell mit den Millionen für die Bildung von Gesteinschichten und den hunderttausend Jahren, in denen Menschenähnliche den Planeten eroberten.
Es wird schwer werden, nun das nächste Buch zu finden, was stilistisch und inhaltlich mit diesen beiden wird mithalten können!