Nach den grausigen Dingen aus Amerika war nun der „Amor auf Abwegen“ von Regine C. Henschenl an der Reihe. Ein hübsches rotes Buch mit einem Mops samt Amor auf dem Cover und vor längerer Zeit übermittelt von einer sehr guten Bekannten des Erdwesens.
Der Unterschied zwischen dem Psychothriller, dem Gruselschocker und diesem „Lifestyle-Buch“ wie ich sie immer nenne, könnte wohl nicht größer sein. Von daher brauchte das Erdwesen auch erstmal 40 Seiten um sich an den komplett anderen Stil zu gewöhnen und sich vor allem – darauf einzulassen! Ein deutsches Buch, gelesen in der Originalsprache und die ist auch noch sehr modern.
Aber warum nennt das Erdwesen solche Bücher „Lifestyle-Bücher“?
Zunächst einmal geht es um eine verschrobene Liebesgeschichte, die sehr locker und leicht erzählt wird, samt aller Irrungen und Wirrungen und dann sogar soweit geht, dass Mops Conrad einen sehr solventen Kunsthändler an den Füßen erkennt, die aus einer Biotonne hängen, da der Kunsthändler darin gerade nach einem Leckerbissen sucht, den seine Haushälterin leider irriger Weise hineinwarf, bevor sie Feierabend gemacht hat.
Warum also ein „Lifestyle-Buch“? – Wo spielt zurzeit das Leben? Klar, in Berlin. Das ist unverfänglicher als München, womit man sämtliche Norddeutsche als Leser/in schonmal außen vor lassen muss. Man stelle sich vor, das Buch spiele in Hannover?! Das wäre ja wirklich mal eine Maßnahme: Ein hippes Lifestyle-Buch aus Hannover. Ich glaube, darüber lacht dann ganz bestimmt die ganze Republik…
Für das Erdwesen ist so ein Buch so etwas wie ein modernes Märchen. Es präsentiert eine Welt, die mindestens so weit weg ist wie die Nebel von Avalon, nur das in dieser neuen Welt die Mystik auf Dinge wie esotherische Tees reduziert wird. Hupfende Business-Women streifen sich Etuikleidchen über, stöckeln durch ihre Geschäfts- und Lebenswelten und fahren selbstverständlich alte Autos, die zwar kein H-Kennzeichen haben, aber theoretisch eins haben müssten. Und als Assessoire kommt auch noch ein Knautschhund ins Körbchen, pardon – an die Hundeleine natürlich.
Mal abgesehen davon ist das Buch tatsächlich gut und vor allem unterhaltsam geschrieben. Es reget zum Schmunzeln an und es ist schier unglaublich wie Klischee an Klischee gereiht wird. Dazu bedient sich die Autorin auch noch hübscher Stilmittel, denn man weiß eigentlich nie so recht, wer das Buch gerade erzählt. Man sieht jeden Charakter sowohl von innen als auch von außen, egal ob Hund, Mensch oder Amor. Man weiß immer was der eine über den anderen und der andere über den einen denkt und kann dann selber schauen, wie jeder für sich tickt und damit oft nicht ganz das Ticken des anderen trifft. Zwischendurch lässt Amor sich mit Pfeil und Bogen blicken und beschreibt, dass auch er es nicht leicht hat, in dieser neuen, komplizierten Welt, es aber letzten Endes doch immer irgendwie richtet.
So unglaublich wie diese Geschichte letzten Endes auch ist, so unglaublich ist auch das Ende der Geschichte, denn auch hier fehlt es – irgendwie. Eigentlich geht ja alles weiter wie bisher. Kein richtige Happyend? Kein richtiges Scheitern? Einfach nur heiter geht alles eben einfach weiter!
Viele Bücher von dieser Sorte könnte Erdwesen wirklich nicht lesen, aber Erdwesen macht ja auch gerade Lese-Marathon und da eignen sich solche Bücher einfach am besten. Heute morgen zum Beispiel, da hielt Erdwesen ein Buch von Bruno Latour in den Händen. Es hatte, wie bei ihm auch nicht anders zu erwarten, irgendetwas mit der neuen Gesellschaft und der neuen Soziologie zu tun. Das wird noch etwas warten müssen, denn dadurch bekommt man ungelesende Bücher einfach nicht schnell genug aus den Regalen.