Mit den vielen Büchern ist es wirklich ein Elend. Man wird niemals fertig mit dem Lesen. Noch mindestens zwei Regalmeter, die gelesen werden wollen – und das sind nur die Romane, Krimis oder Erzählungen. Und dann das Übel, die Geißel des Lesenden: die Bücherschränke.
Ursprünglich eine sehr gute Erfindung für Leute, die zu viele Bücher haben und unbedingt einige davon loswerden wollen, so ist es doch gelegentlich unmöglich, dort eine echte Entlastung zu realisieren. Kaum, dass man ein paar Bücher und Zeitschriften hinbringt, fällt das Auge automatisch auch schon auf ein, zwei neue, die mitnehmenswert erscheinen. Vermutlich würde man sich diese Bücher niemals kaufen, aber wenn sie so ganz unverbindlich dort stehen und auf ihren nächsten Leser warten? Da wäre es ja fast unfair, sie einfach zu ignorieren.
So kam es dann dazu, dass dasa Erdwesen sogar Thomas Mann´ „Der Tod von Venedig“ las. Vor dem Buch kann man echt nur warnen. Es ist wirklich ein schreckliches Teil. Nicht wegen der langen Sätze, da kann das Erdwesen locker jederzeit mithalten, aber das Thema?! Venedig ist wahrscheinlich die schönste von allen Städten und dazu diejenige mit der besten Luft und die leiseste und die lebendigste und dieser Clown? Er redet von dunklen, stinkenden Kanälen, schwüler Luft und dann kommt auch noch eine Epidemie, an der der Typ später selbst eingeht, obwohl das alles andere als überraschend ist, weil er zwischendurch ja auf einen „Knaben“ trifft, der sein Spiegel von Einst ist.
Zwar hat das Erdwesen keine Ahnung, ob die Literaten unter uns das mit dem Spiegel auch so sehen, aber das Erdwesen will es einmal so wohlwollend wie möglich betrachten, denn sonst wäre das Buch aus heutiger Sicht wohl eher in die Rubrik „Pädophilie“ einzuordnen. Ist mir eigentlich unbegreiflich, warum das Buch noch auf keinem Index steht, könnte allerdings etwas mit den Nazis zu tun haben, aber man hat sich wohl im Laufe der Zeit darauf geeinigt, dass es sich dabei um Kunst handelt und es gibt sicherlich irgendeine sehr komplexe Interpretation der ganzen Angelegenheit.
Jedenfalls sollte man dieses Buch unbedingt lesen, wenn man eine schlechte Laune bekommen will. Dagegen ist sogar der „Steppenwolf“ von Hesse noch ein heiteres Machwerk.
Also eherlich gesagt: das Erdwesen kann dieser Literatur wirklich nichts abgewinnen. Irgendwie ist das doch alles inzwischen sehr ausgelutscht. Irgendwer hat einmal irgendwer „Gelehrtes“ beschlossen, dass das literarisch wichtig ist. Möglicherweise ist es das ja auch, aber nur im Kontext der jeweiligen Zeit. Heute zieht es doch keinen mehr vom Hocker.
(Man merkt nicht, das Erdwesens Laune heute einfach zum K***** ist, oder?)
Aber nun zurück zu den Büchern, wenn ich hier schon die ganze Atmosphäre vergiften muss – und heute ist wirklich ein herrlicher Tag dazu, weil man mitten im Mai noch gezwungen ist, die Heizung anzumachen (Leute von der Politik: Wann kommt nun endlich die versprochene und heiß propagierte Klimaerwärmung auch in Deutschland an??). Das Erdwesen kann sich nicht vorstellen, Bücher auf dem Kindle oder sonst einer technischen Neuerung zu lesen. Vollkommener Blödsinn. Man schaue sich nur mal die unterschiedlichen Ausgaben von Annette von Droste-Hülshoff an und die fortwährenden verzweifelten Versuche, ihre damalige krakelige Mini-Handschrift zu entziffern. Wie will ich denn auf dem Kindle die Erstausgabe von dann und dann mit der Fassung aus dem Jahr 2010 mit einem Auszug des Originals aus der UB-Münster vergleichen, wenn ich mich WIRKLICH dafür interessiere?
Was hilft mir ein schwarz-weißes Display, wenn ich einen Pilz anhand einer Zeichnung und eines Farbfotos identifizieren will? Und die alten Landkarte, die farbgetreu auf der Doppelseite zu sehen ist? Was ist mit dem wunderschönen Papier des Inselbuches oder finde ich vielleicht den Atlas der Gefühle auf dem Kindle? Sogar bei Motorradreisetagebüchern im Taschenbuchformat kriege ich doch da nur die Hälfte geboten.
Nein. Das Kindle ist etwas für Leser, aber nicht für Entdecker. Entdeckungen macht man im Bücherschrank, aber ganz sicher nicht bei Amazon. – Wenn es so weiter geht, ist das Erdwesen irgendwann vollständig technikfeindlich. Technikfeindlich dort, wo man sie wirklich nicht braucht und wo sie zum normalen Menschenleben einfach nur hinderlich ist.