Den Moorkönig hatte ich gleich nach seinem Erscheinen als Taschenbuch (ca. 2007) im Rüschhaus in Münster auf dem Büchertisch gefunden. In einem Zuge durchgelesen, fand ich das Buch sehr, sehr gut und packte es sodann in das Bücherregal zu denjenigen Büchern, die ich nicht verschenken und auch nicht wieder verkaufen werde.
Wieder unterwegs in Münster, fand das Erdwesen bei der Stadtinformation den zweiten Band. Der Preis ist mit 16,95 Euro (?) sehr üppig bemessen, aber das konnte das Erdwesen nicht daran hindern, ihn trotzdem zu kaufen. Wer weiß, wann oder wo sie das Buch dann (doch nicht) wiederfände?! In Ermangelang von ausreichender Muße legte ich das Buch dann aber immer wieder zur Seite. Schließlich ist es gut, immer noch ein gutes Buch zur Hand zu haben, wenn die, von denen man das nicht so genau weiß, vielleicht nicht zu Ende gelesen werden. Dementsprechend hoch waren dann auch wohl die Erwartungen des Erdwesens.
War beim ersten Band des Moorkönigs noch die Darstellung der Landschaft, des Brauchtums und des Lebens im wilden Kernmünsterland faszinierend und neu gewesen, so kam es mir bei diesem zweiten Band eher so vor, als kenne ich das schon alles. So trat wohl auch dann die Geschichte weiter in den Vordergrund als dies beim ersten Band der Fall gewesen war.
Es gibt dann auch eine ganze Reihe von Toten in diesem Buch und einer kommt grausiger um als der andere. Im Gegensatz dazu stehen aber auch Todesfälle, die durchaus – von der Geschichte her – vermeidbar gewesen wären, wohl aber nicht vom volkskundlichen Standpunkte aus. In einem Falle halte ich es sogar für einen großen Fehler, diese Person, die die ganze Zeit eine wichtige Rolle zu spielen scheint, einfach „sterben zu lassen“.
Da das Erdwesen mit bestimmten Dingen der münsterländer Geschichte nicht so sehr vertraut ist, erschien ihr die Aufklärung der Kriminalfälle dann auch reichlich „spontan“. Entweder ich habe am Beginn des Buches die entscheidenen Dinge überlesen oder aber die Geschichte ist nicht unbedingt so konstruiert wie man einen Krimi konstruieren sollte, um einen Leser zu fesseln und bei Laune zu halten. Oder sollte man die Bücher vielleicht besser direkt hintereinander lesen? Zwischen den Handlungssträngen liegen 9 Jahre. Ungefähr die gleiche Zeit, wie zwischen dem Erscheinen der Bücher?
Das Original des Moorkönigs scheint in 1999 herausgekommen zu sein. Das zweite Taschenbuch gibt an, von 2010 zu stammen. Vielleicht hat die Schriftstellerin das ja bewußt gemacht, wer weiß? Fast bin ich auch geneigt, den ersten Band noch einmal zu lesen, denn möglicherweise habe ich da auf zu viele andere Beschreibungen geachtet als auf die Handlung selbst. Es wäre auch gut zu wissen, wann die Autorin sich den zweiten Band ausgedacht hat. War der Moorkönig gleich zweibändig angedacht? Wann mag ihr die Idee gekommen sein?
Alles in allem wird auch hier die Münsterländer Art genauestens beschrieben, wenn es mir auch so vorkommt, als äußern sich in bestimmten Charakteren doch zu sehr bestimmte Arten von Personen, die ein wenig zu „treffend“ beschrieben sind. Da haben wir zum Beispiel die Magd Stine. An ihr wird gezeigt, welche Arbeiten die Frauen im Jahre 1830 verrichten mussten, aber warum muss die Gute dabei nun auch noch ausrechnet so dermaßen stark schielen?
Nein, es fällt dem Erdwesen schwer, über dieses Buch etwas zu schreiben. Besonder, etwas zu schreiben, ohne dabei etwas zu verraten. Das Buch ist sauber recherchiert und über jeden Zweifel erhaben, dass sich das Leben im Münsterland um jene Zeit anders hätte abspielen können. Es fasst wunderbar jene Details zusammen, die in den Geschichtsbüchern natürlich nicht zu finden sind. Besonders schön ist die Stelle, wo die ganze Bauernschaft in der Kirche sitzt und die vorherrschenden Gerüche beschrieben werden. Das hätte niemand treffender beschreiben können als die Autorin und bei einer Fahrt mit dem Linienbus einmal quer durchs Münsterland ist auch heute noch (!) die Gefahr groß, dass man auf derleit Gerüche trifft, die von auch jungen Leuten ausgehen.
Volkskundlich ein phantastisches Buch, auch wenn einem zwangsläufig nach dem Lesen des ersten Bandes schon viele Dinge bekannt sind. Ich bin mir jedoch nicht sicher, ob ein Leser mit dem Buch glücklich werden kann, der nur diesen zweiten Band kennt und der sich auch für die Kriminalgeschichte interessiert. Für ihn muss die Auflösung ja noch „spontaner“ kommen als für jemanden wie das Erdwesen. Trotzdem: Auch dieser Band bleibt im Erdwesen´schen Archiv.