Das ist schon eine interessante Richtung, in der die „Guttenberg-Debatte“ derzeit geht. Der Gute ist am ersten Tag der diesjährigen CeBIT (01.03.) nun doch noch zurück getreten. Dass der Rücktritt jedoch so spät kam und mittlerweile Aussagen kursieren, dass er 200 Stellen abgeschrieben haben soll und auch noch 100 Strafanträge eingegangen sind, führt nichts desto trotz zu seltsamen Überlegungen der so genannten gesellschaftlichen Öffentlichkeit.
So geht es nicht darum, dass sich möglicherweise jemand einen Doktortitel bekommt, weil er aus bestimmten „gehobenen“ Familienverhältnissen stammt, sondern es geht darum: wer bekommt in Deutschland überhaupt einen Doktortitel? Es sind anscheinend viele. So viele, dass niemand mehr so richtig den Überblick hat. Halt: Masse statt Klasse.
Was viele schon lange vermutet hatten, wird nun tatsächlich auch diskutiert. Da gibt es Leute, die haben zwar kein Diplom, aber einen Schnelldoktortitel. Nur eine begrenzte Anzahl von Menschen gibt sich bei der Erstellung ihrer Arbeiten offenbar tatsächlich Mühe. Aber wer vermag die Qualität zu beurteilen? Lachen tun bei bisher unerforschten Dingen am lautesten stets die, die das Alte vertreten und es für unumstößlich richtig halten. Da hat man es mit einer 0/8/15-Arbeit, die ein bekanntes Thema betrifft, sicher viel leichter. Auch das Erdwesen wollte einmal über die Datenströme scheiben, die über das world wide web in die ein oder andere Richtung fließen, aber das fanden einige Leute so absonderlich, dass es als Untersuchungsthema einfach gar nicht in Betracht kam. „Was willst Du?!“ – Da galt das www noch als Merkwürdigkeit einiger Technik-Besessener und hatte ganz sicher nichts mit Geographie zu tun. Also beließ sie es bei den Verkehrsströmen, die sich besser beobachten lassen, weil man auf der Straße täglich mit Ihnen konfrontiert ist.
Erdwesen glaubt nicht, dass der einzige Bereich ist, der von diesem „Masse statt Klasse“-Symptom betroffen ist. Woanders ist es ja schon lange offensichtlich. Ob es nun Billigräder von Bocas sind oder „Porzellan“, welches nach einer etwas konkreteren Berührung mit einem Löffel plötzlich Abnutzungsspuren zeigt. Das Dumme ist nur, dass man sehr oft keine Auswahl mehr hat. Man kann wählen zwischen billigen oder teuren oder teureren Dingen, aber allzu oft kriegt man – ganz gleich in welcher Kategorie man kauft – nur Schrott. Aber wer hätte offiziell gedacht, dass nun auch höhere akademische Ausbildungen davon betroffen sind?
Bei Bachelor-Abschlüssen, die nichts anderes als ein Vordiplom sind (also früher nicht einmal der Rede wert waren), bei Master-Abschlüssen, die irgendwie von fast allen „Hochschulen“ ausgestellt werden dürfen und wo man sich manchmal wirklich wundert, was denn nun daran ausgerechnet „hoch“ sein soll und deren Abschlüsse nun so etwas wie ein Diplom sind – da war der ganze Verfall, der damit einher ging, schon längere Zeit nur allzu offensichtlich. Da war es fast die logische Konsequenz, dass es nun eben auch die Doktortitel betrifft, also dass, was man eigentlich zum PhD hätte machen wollen, um es endlich auch weltweit „anerkannt“ zu wissen.
Etiketten sind eben doch etwas anderes als die Ware, die sich dahinter verbirgt. Und so wären wir wieder beim Thema „Hauptsache billig“, denn wer ist bei der Vielfalt des Angebotes noch in der Lage zu unterscheiden?