Die Frage, die dem Erdwesen ab heute in einer mehrteiligen Serie nachgehen möchte ist, ob die Navigation mit Navi nicht langsam die Menschen dümmer macht als sie eigentlich sein müssten oder sie sein sollten.
Langsam aber sicher entfernen wir uns mehr von den Dingen, die eigentlich zum Überleben wichtig sind, aber wir wollen hier mal nicht allzu sehr zurück in die graue Vorzeit gehen. Gehen wir nur zurück in die Zeit, als wir noch ausschließlich Wegweiser, kundige Dritte und analoge Karten nutzen mussten, um unser Ziel zu finden. Vor einer Fahrt hat man auf die Karte geschaut, ist dann losgefahren, hat zwischendurch nochmal nachgeschaut, ob die Richtung noch stimmt. Alles in allem hat man versucht, auf dem Weg die Richtung zum Ziel grob einzuhalten und wenn man meinte, schon ganz in der Nähe zu sein, hat man entweder den Stadtplan herausgekramt oder einen Ortskundigen am Straßenrrand befragt und seiner mehr oder minder komplizierten Ausführung gelauscht, die einem mit etwas Glück zum Zielort oder doch zumindest sehr in die Nähe führte, bis man dann zur Not, die nächste Person befragen konnte.
Das ist alles ganz schön kompliziert gewesen! – Doch geht es heute wirklich einfacher?
Grundsätzlich startet man bei Saturn, amazon, eBay oder Aldi. Hat man sich dann nach langem Ringen für ein Navi entschieden, welches einem zusagt, steht man zu Hause vor dem Problem, es auch in Betrieb zu nehmen. So etwas kann dauern, kann schnell gehen – man weiss es nicht. Aber irgendwann ist man in der Lage, Ortsnamen und Adresse samt Hausnummer einzugeben und schon weisen einem Pfeile den Weg zum gewünschten Ziel.
Erdwesen weiss nicht, wie sich so etwas konkret anfühlt, da sie selbst noch nie auf diese Art und Weise navigiert hat, denn schließlich ist sie ja vom Fach und da geht es höchstens darum, hier und da eine kleine Abkürzung zu nehmen. Alle, die schonmal mit ihr unterwegs waren, können bestimmt spannende Geschichten davon erzählen :-) aber Erdwesen hat natürlich sehr viele Leute in ganz unterschiedlichen Stimmungen kennen gelernt, die alle versucht haben, sich mit einem Navi an ihr Ziel zu bugsieren. Da kam beispielsweise eine Klage, dass das Navi irgendwann einfach nicht mehr den Weg gefunden hätte und nur noch „Mist“ angezeigt hätte. Dabei hätte man es zwischendurch nur mal kurz ausgestellt gehabt, als man hier und dort noch einen kurzen Stop einglegt hatte und als man dann schon wieder unterwegs war, hätte man es wieder eingestellt, aber es sei einfach irgendwie nicht mehr hinterher gekommen und man wäre schon fast in Timbuktu gewesen, als man dann irgendeine rettende Ortsangabe auf einem Schild erspäht hätte. Dumm nur, wenn es dort „Bremen“ heisst, man sich aber in der Soester Börder befindet und doch eigentlich nach Hamburg möchte. Aber die Ausläufer des Sauerlandes sind ja auch nicht zu verachten und Wasser hat man dort auch, sobald es regnet.
Andere berichten vom gezielten Umfahren eines 20 km langen Staus, welches durch das Navi gar erst möglich geworden sei und wieder andere stehen dann doch 5 Stunden auf der Autobahn herum, nur weil sie eben dachten, dies sei nun aber definitiv die kürzeste Verbindung. Es gibt aber auch löbliche Ausnahmen: „Wir haben 800 km zurück gelegt, waren noch nie in diesem Land und haben Euch sofort gefunden!“ – Na also: geht doch!
Erdwesen gehört allerdings zu den harten Fällen. Egal auf welche Deutschlandkarte sie schaut (mit Ausnahme der von EDEKA, versteht sich), sie hat das Netz der Zentralen Orte vor sich und da kann man sich auch ohne Straßen vorstellen, von wo nach wo, die großen und von wo nach wo die kleinen Straßen verlaufen. Mit dem Wissen der Verkehrsoziologie im Hintergrund kann man jederzeit zusätzliche Konsequenzen ziehen. Nur mit den ganzen Autobahnnummern ist sie noch nie zurecht gekommen und es gibt kein Kleeblatt auf dem Sie nicht die Orientierung komplett verliert.
„Kurz“ ist eine Strecke dann, wenn man konsequent dem Nordpfeil zum Ziel folgt. Okay, das lässt sich je nach eingesetztem Verkehrsmittel nicht immer so ganz durchhalten. Bei Zügen scheint es noch am besten zu klappen und natürlich kann man auch zu Fuß gelegentlich große Erfolge in dieser Hinsicht verbuchen, auch wenn man zu weilen jäh von einem Graben, einer hohen Wand oder anderen Hindernissen wie einer Wiese mit Bullen etc. dazu gezwungen wird, doch ein wenig nach rechts oder links ab zu weichen. Mit dem Fahrrad ist es noch möglich, einen kleinen Wald oder eine Hecke zu passieren, mit dem Auto ist es völlig unmöglich und mit dem Möpp hat man immerhin noch den Hauch einer Chance, dass einem auf dem Fahrradweg keiner sieht… nur bei Schranken, da wird es dann doch recht kritisch. Natürlich kann man bei Feldwegen unter der Schranke eine kleine Mulde buddeln oder die Frontscheibe abbauen oder… aber es ist trotzdem schwierig, gehockt fast 180 kg durch den Matsch zu schieben oder damit die Fahrradschikane zu nehmen. Beides war Gottlob bisher noch nicht zwingend erforderlich, aber auch ein Erdwesen wächst bekanntlich an den anstehenden Aufgaben :-)
Ist es also wirklich leichter, heute durch die Welt zu gehen, fahren oder schlindern als anno tuck, wo es noch keine Navis mit säuselnder Ansage gab? Wo wird uns diese Art der Navigation letztendlich hinführen?